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Tosca

Tosca - eine Handvoll Hund, aber eben ein ganzer Hund...

... oder unterschätze niemals einen Chihuahua. Auch wenn gerade diese Rasse eine derer ist, die von dem einen  oder anderen gern mal im Täschchen umhergetragen und von vorn bis hinten verhätschelt wird, so sollte man sie wirklich nicht unterschätzen. Wenn man bedenkt, dass sie ursprünglich mal für die Rattenjagd gezüchtet wurden, da kann man sich ausmalen, dass die schon von Haus aus mit einigen Überlebensqualitäten ausgestattet sind. Vor allem dann, wenn sie, wie die kleine Tosca, das Leben eines "richtigen" Hundes führen dürfen. Und mit fast 6 Monaten sind sie auch nicht mehr wirklich hilflos sondern haben fast alles gelernt, was sie brauchen.

Tosca, ihre Familie und ein Teil des recht beachtlichen Rudels waren am Sonntag, 24.11.19 in Butzbach zu einem Welpentreffen unterwegs. Während der Gassirunde, mit ca 25 Personen und mindestens ebenso vielen Hunden, lief sie, wie sie es auch üblicherweise gewohnt ist, frei mit der ganzen Meute mit. Leider erschrak sich die im Grunde taffe Hündin vor einigen größeren entgegenkommenden Hunden und gab Kniegas. Ein Chihuahua, 5 Monate alt, also nur eine Handvoll Hund und dann auch noch Black-Tan-Farben im Herbstwald, wo normal nicht allzu viel los ist… es war abzusehen, dass es da nicht allzu viele Sichtungen geben würde. Und man darf die Geschwindigkeit eines Chi’s nicht unterschätzen. Sie scheint schon ein gutes Stück Strecke gemacht zu haben, da sie ca 1 Stunde später auf gut dreiviertel Weg zum Parkplatz gesehen wurde. Das bestätigt wieder einmal, dass die allermeisten Hunde in so einer Situation versuchen, entweder zu der Stelle, wo sie ihre Menschen verloren haben, oder zum Ausgangspunkt (hier der Parkplatz, wo das Auto stand) zurück zu kommen. Was sie abgehalten hat, auch noch das letzte Stück zu laufen oder ob sie vielleicht dort war und wieder umgekehrt ist, weil noch niemand zurück war, wird man wohl nie erfahren. Noch am selben Abend kurz nach Entlaufen bestand schon erster Kontakt zu den Besitzern der kleinen Maus. Da mir von der Sichtung erzählt wurde, sie als ziemlich plausibel beschrieben wurde und die Temperaturen sehr mild waren, riet ich, mit einem Suchhund noch bis mindestens Dienstags zu warten, da ich eigentlich damit rechnete, dass sie zu der Stelle zurückkehren würde. Es kam noch hinzu, dass die Frage nach dem Geruchsartikel etwas sportlich war. Tosca lebt mit 15 Hunden in einem Rudel. Individuelle Decken oder so gibt es nicht und das Halsband bzw Geschirr trug sie noch. Ein natürlich lösbares Problem, aber schön ist dann doch irgendwie anders. Wir verabredeten uns, am nächsten Tag wieder zu telefonieren und dann das weitere Vorgehen zu besprechen anhand dessen, was sich noch ergeben würde. Der erwartete Anruf kam erst mal nicht und ich sah auf facebook, dass wohl ein Suchhund da war, es aber wohl kein wirklich aussagekräftiges Ergebnis gab. Da aber jemand anderes eingeschaltet wurde, hielt ich mich erst mal zurück.

Am 26.11.19 wurde ich dann von Nina Zörb, welche mich von einer Suche vor ein paar Wochen kannte, nochmals auf die Hündin angesprochen, und ob ich nicht vielleicht doch noch mal schauen könnte. Eigentlich war ich zu dem Zeitpunkt gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe, hatte aber dadurch Zeit, ggf doch spontan nach Butzbach zu fahren. So stimmte ich zu, das Toscas Besitzerin Birgit H. mich noch mal anrufen dürfe deswegen. Nun erfuhr ich Näheres zu der „Suche“ am Vortag und wie es überhaupt dazu gekommen war. Wie so oft in solchen Fällen, gerade wenn da süße kleine scheinbar hilflose Hundekinder im Spiel sind, ist es sehr sehr schwer, Ruhe zu bewahren und man wird als Besitzer natürlich von allen möglichen Seiten angetextet und angerufen und tu dieses und tu jenes und wende dich unbedingt an diesen oder jenen… Man kennt das ja leider allzu oft… Auf jeden Fall bot sich eine Dame an, die wohl Hobbymäßig Mantrailing mit ihrem Hund betreibt. Leider war dieser Versuch schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt, denn, mangels Erfahrung wählte sie als Referenz-Geruch die Führleine aus, an welcher aber nur der Geruch der Besitzer ausreichend anhaftete. Wenn ein Hund nicht gerade drauf liegt, kommt die Leine ja nie direkt mit dem Hund in Berührung. Dazu kommt, dass bei einem so großen Rudel wie hier mit Sicherheit die Leine nicht immer am selben Hund hängt sondern auch mal gewechselt wird. Daraus ergab sich dann folgerichtig, dass der Hund hier Toscas Spur nicht bestätige, sondern nur munter Herrchen und Frauchen anzeigte. Da es nun aber keinerlei andere Anhaltspunkte mehr gab und mir das Erzählte dann doch sehr suspekt erschien, verabredeten wir uns dann doch für den frühen Nachmittag. Vorher musste noch mit ein bisschen Aufwand ein brauchbarer Geruchsartikel erstellt werden. Die einzige Möglichkeit war die Transportbox vom Sonntag, wo sie aber mit 6 Rudelmitgliedern drin gesessen hatte. Also klar die Überlegung, welche Hunde waren am Sonntag und auch seitdem vor Ort. Diese müssten alle anwesend sein. Die Box war eine Faltbox, so bat ich, da klar war, dass es noch mehrere Stunden dauern würde, bis ich vor Ort wäre, dass ein frisches Handtuch in die Box gelegt würde, diese dann zusammengelegt würde, damit das Handtuch auch wirklich in Kontakt mit den Seitenwänden kommt und das Ganze dann noch in einen großen Müllsack oder ähnliches zu stecken und fest zu verschließen. Etwa eine halbe Stunde vor meiner Ankunft sollte dann dieses Handtuch zusammen mit sauberen Mullkompressen in eine Tüte verpackt werden. Mit den Kompressen wollte ich arbeiten.

Wir fuhren dann mit den Autos in den Wald zu dieser Sichtungsstelle. Die 6 anderen Hunde, welche wir zum Ausschluss brauchten, warteten in einer Box im Heck des Autos, die Heckklappe einen Spalt offen, und die Besitzer waren ja eh dabei. Lenny legte sofort los, checkte natürlich kurz den Kofferraum und hatte dann relativ schnell sehr deutliche Spuren. Es konnte ein Gebiet eingegrenzt werden, wovon der weiteste Punkt vielleicht 500 – 600 m von der letzten Sichtung entfernt war, also recht überschaubar. Und es lag die Annahme nahe, dass Tosca nach wie vor mobil war und nicht irgendwo liegen würde. Inzwischen war auch der für das Gebiet zuständige Förster dazu gestoßen. Genau genommen muss man sagen für eines der Gebiete, denn hier stießen die Grenzen von 4 benachbarten Revieren zusammen. Es wurde vereinbart, dass Birgit sich nachts mit dem Auto genau an diesen Punkt stellen und abwarten konnte. Verstärkt wurde das noch mit Brühespuren zum Auto hin und neben dem Auto ausgelegtem Futter. Die beste Hundekumpeline war auch dabei. Nachdem Birgit nach dem Suchversuch vom Vortag schon sehr verzweifelt gewesen war und kurz vorm Aufgeben, waren wir nun sehr optimistisch und das Warten begann. Um ca 2.00 Uhr nachts kam dann die erlösende Nachricht, dass Tosca nun im Auto sitzt, es ihr gut ginge und man nun auf dem Weg nach Hause sei. Ich bin wirklich froh, dass ich mich noch entschlossen hatte, doch zu fahren, denn nach den Erfahrungen vom Vortag hätte wohl niemand die Nacht dort verbracht. Wer weiß, wie das alles dann wohl ausgegangen wäre.

Danke Nina, dass du dich so vehement für einen zweiten Versuch eingesetzt hast und danke Birgit, für das Vertrauen was du in Lenny und mich gesetzt hast. Ich bin froh, euch nicht enttäuscht zu haben.

Birgit hat die ganze Geschichte auch noch mal aus ihrer Sicht auf der Seite des Tierschutzvereins Butzbach und Umg. e.V. erzählt. Das könnt ihr hier nachlesen.

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